Google kommt mit einem blauen Auge davon: Was das aktuelle Kartellrechtsurteil bedeutet und was als nächstes passiert
"Google zieht den Kopf aus der Schlinge" schreibt die Financial Times. Selbst das noch konservativere, wirtschaftsfreundliche Wall Street Journal titelt: "Das Google-Urteil zeigt, dass Kartellrechtsinstrumente mit den Technologiemärkten kaum Schritt halten können". Keine Frage: Das jüngste Urteil im Kartellrechtsverfahren in den USA gegen Google wegen des Suchmonopols des Konzerns ist milde ausgefallen. Weder muss Google den Chrome-Browser verkaufen, noch sein Betriebssystem Android. Auch die Zahlungen in Milliardenhöhe an Apple und Mozilla dafür , dass die eigene Suchmaschine beim iPhone und im Mozilla Browser als Standard voreingestellt ist. muss Google nicht einstellen. Diese Deals dürfen künftig jedoch nicht mehr exklusiv sein, also keine Mitbewerber*innen mehr ausschließen. Und Google muss künftig Suchdaten mit "qualifizierten Wettbewerben teilen".
Mit Blick auf diese Teile des Urteils äußerte Google öffentlich Bedenken und kündigte an, diese prüfen zu wollen. Trotzdem: Bei dem Konzern dürften intern die Sektkorken geknallt haben. Wie Business Insider schreibt (€), sollen nach der Urteilsverkündung Google-Mitarbeitende auf den internen Messageboards triumphierende Memes gepostet haben.
Branchenvertreter*innen und Politiker*innen äußerten dementsprechend wenig überraschend deutliche Kritik an dem Urteil: Es gehe nicht weit genug, so der übereinstimmende Tenor von Gabriel Weinberg, CEO der konkurrierenden Suchmaschine Duck Duck Go, der demokratischen Senatorin Amy Klobuchar, sowie Danielle Coffey, CEO des Publisher-Verbandes "News / Media Alliance". Business Insider fasste Stimmen aus der Adtech-Branche zusammen unter der Schlagzeile: "Googles Kartellrechtssieg ist eine Niederlage für alle anderen, die online Werbung verkaufen".
In den USA läuft aktuell noch ein weiteres Kartellverfahren. In dessen Rahmen war schon 2024 festgestellt worden, dass Google in zwei Bereichen des Online-Werbemarkts ein Monopol besitzt, nämlich zum einen im Bereich der Vermarktungstechnologie für Publisher, zum anderen im Bereich der Online-Werbemarktplätze (Ad Exchanges). Danach hatten mit OpenX und zuletzt dem Publisher Dotdash Meredith Folgeklagen zu dem Verfahren eingereicht.
In dem Hauptverfahren soll offenbar in weniger als einem Monat ein Urteil fallen. Hier droht Google eine Abspaltung des Adtech-Bereiches. Das milde Urteil zum Search-Monopol aus dieser Woche dürfte die Hoffnungen der Google-Kritiker*innen auf eine Zerschlagung von Googles Werbezweig gedämpft haben. Wie The Information schreibt (€), scheint Google sich aktuell jedoch (auch gegenüber B2B-Kund*innen) zumindest auf das Eintreten dieses Falles vorzubereiten.
Vertreter der Regierung Trump geben sich auf nationaler Ebene nach wie vor als strenge Kritiker*innen der Macht der Tech-Konzerne und kündigen weiterhin ein konsequentes Vorgehen an (€). Gleichzeitig sind in den politischen Beziehungen zwischen der USA und der EU hiesige Regulierungsmaßnahmen zur Verhandlungsmasse geworden. Nachdem zuerst Gerüchte aufgekommen waren, dass in einem europäischen Kartellrechtsverfahren zu einem potenziellen Monopol im Adtech-Bereich Google ebenfalls nur eine milde Strafe drohe, berichtete dann Bloomberg (€), die EU habe das Verfahren "pausiert" – aus Sorge darüber, dass Präsident Trump bei einer zu harten Strafe ein transatlantisches Handelsabkommen platzen lassen könnte. Auf Truth Social hatte Trump Ende August eine entsprechende, unverhüllte Drohung ausgesprochen. Aktuell sieht es also eher danach aus, als werde sich an dominierenden Positionen der US-Tech-Plattformen – zumindest durch regulatorische Eingriffe – mittelfristig erst einmal nichts ändern.
In zwei anderen Gerichtserfahren wurde Google diese Woche mit hohen Bußgeldstrafen belegt: Bei einer Sammelklage in Kalifornien muss Google 425 Millionen US-Dollar zahlen, weil der Konzern weiter Daten gesammelt haben soll auch nachdem die Nutzer*innen diese Option in ihren Account-Einstellungen deaktiviert hatten. Und die französische Datenschutzbehörde CNIL verhängte ein Bußgeld in Höhe von 325 Millionen Euro, weil Google es versäumt habe, die "freie und informierte" Zustimmung der Nutzer*innen einzuholen, bevor sie Werbe-Cookies auf ihren Rechnern speicherten. Während Google im zentralen Kartellverfahren also glimpflich davonkommt, zeigen die hohen Strafen im Datenschutzbereich, dass der regulatorische Druck aus anderen Richtungen weiter zunimmt. Die Entscheidung im Adtech-Verfahren bleibt der nächste große Prüfstein.