Rolands Recap: Perplexity und OpenAI bringen eigene Browser heraus – Wechselt ChatGPT zu Google als Suchanbieter? – Stiftung Warentest geht gegen Affiliate-Trittbrettfahrer vor + Featurama + ein bisschen Tüddelkram
Warum jetzt alle Plattformen auf den TV drängen --- Cloudflare will uns alle vor KI beschützen – was steckt dahinter? --- Was die Sky-Übernahme durch RTL für die deutsche Marketing-Landschaft bedeutet --- Featurama (Neues auf den Plattformen) --- Plus ein bisschen Tüddelkram
Moin Katja,
erst einmal danke an den Kollegen Martin, der mich hier vergangene Woche vertreten hat! Diese Woche gabs was Neues bei uns: Wir haben einen eigenen Run Club gestartet (hier auf Strava, hier ein Reel zum ersten Run). Wenn ich aus meinem aktuellen Sportloch raus bin, laufe ich bestimmt auch mal mit... Und ansonsten feiern wir heute im Büro Abschied von den guten OMR-Seelen Maria und Axel...
Aber auch in der Brangsche ist einiges passiert. Nämlich das hier:
Angriff auf Chrome: OpenAI und Perplexity bringen eigene Browser auf den Markt
Die KI-Emporkömmlinge attackieren den Browser-Markt: Perplexity hat mit Comet (hier eine Preview in einem kurzen Youtube-Video) als erstes vorgelegt; der Browser ist vorerst aber Nutzenden der 200-US-Dollar teuren Max-Version von Perplexity vorbehalten. Gleichzeitig berichtet Reuters, dass ChatGPT-Urheber OpenAI in wenigen Wochen einen eigenen Browser vorstellen wird. Über entsprechende Gerüchte hatte The Information schon im vergangenen November berichtet, nachdem OpenAI zwei Entwickler aus jenem Team abgeworben hatte, das Googles Browser Chrome entwickelt hat. Im April erklärte ChatGPT-Produktchef Nick Turley dann im laufenden US-Kartellprozess gegen Google vor Gericht: OpenAI wäre auch an einer Chrome-Übernahme interessiert – falls Google dazu gezwungen werde, den Browser abzuspalten.
Was steckt nun hinter der Browser-Offensive der KI-Firmen? Zum einen natürlich erst einmal die Sicherung des Kund*innenzugangs. Google Chrome soll Hochrechnungen zufolge im Browser-Markt aktuell über 68 Prozent Marktanteil verfügen (was 3,8 Milliarden Nutzer*innen entspricht). Der Browser ist für Google somit ein entscheidender "Burggraben", der die Vormachtstellung der Google-Suche absichert – zusammen mit dem milliardenschweren Deal, der Google zur Standardsuche auf Apple-Geräten macht. Auch bei Milliarden von Chrome-Nutzenden ist die Google-Suche als Standard voreingestellt. Geben diese Nutzer keine konkrete URL ein, landen sie automatisch auf einer Google-Suchergebnisseite. Falls es den KI-Firmen aber gelingt, hier Chrome relevante Marktanteile abzutrotzen, können sie mittels ihrer Browser die Nutzung ihrer eigenen Services pushen und damit ihre Gatekeeper-Position stärken.
Der zweite Aspekt: Offenbar wollen OpenAI und Perplexity mit den eigenen Browsern auch die nächste Evolutionsstufe von KI leichter umsetzen können: so genannte "agentische KI", die im Auftrag der Nutzer*innen Aufgaben ausführen kann. So ist in Perplexitys Comet der KI-Agent "Assistant" integriert, der auch auf E-Mail-Postfach, Kalender und Social Accounts der Nutzer*innen zugreifen können soll (wenn diese den Zugriff einmalig freigeben). Laut Reuters will OpenAI auch den eigenen KI-Agenten "Operator" in den eigenen Browser integrieren.
Was können diese KI-Agenten im Browser dann in der Praxis? AI-Youtuber Matthew Berman zeigt in einem knapp 15-minütigen Video beispielsweise, wie Perplexitys "Assistant" für ein bestimmtes Gericht die Zutaten heraussucht und beim Lebensmittel-Lieferdienst Instacart in den Warenkorb legt, aber auch Anfragen beantwortet wie "Mit wem habe ich heute Meetings?" und "Such mir E-Mails von Kollegen in meinem Postfach heraus". Alessandro Alviani von der Süddeutschen Zeitung zeigt in einem auf Linkedin veröffentlichten Video, wie der "Assistant" im Comet-Browser in weniger als anderthalb Minuten einen "Morning Briefing"-Newsletter in Googlemail verfasst, indem er die aktuellen Titelgeschichten der jeweiligen Ressorts der Zeitung durchliest und zusammenfasst.
Perplexity und OpenAI sind nicht die einzigen Marktteilnehmer, die im KI-Zeitalter versuchen, den Browser neu zu erfinden. Die "Browser Company" (unter Tech-Nerds bekannt durch den Arc-Browser, der nicht mehr weiterentwickelt wird) hat mit "Dia" einen AI-Browser vorgestellt; Browser-Anbieter Brave hat mit "Leo" ebenfalls einen KI-Assistenten integriert, der bestehende Inhalte zusammenfassen und eigene Inhalte erstellen können soll. Sowohl Brave als auch Dia, Perplexitys Comet und der kommende OpenAI-Browser sollen übrigens auf Chromium basieren, der Open-Source-Basis von Google Chrome.
Die große Frage, die bleibt: Sind die Nutzer*innen bereit dazu, für die neuen KI-Funktionen ihre gewohnten Browser zu verlassen? Vielleicht könnte OpenAI viele ChatGPT-Nutzer*innen zur Installation des neuen Browsers bewegen, indem sie die Nutzung des "Operator"-Agenten im Browser (anders als bisher) auch nichtzahlenden Nutzer*innen ermöglichen. Andererseits bin ich mir auch noch nicht sicher, ob agentische KI im Consumer-Bereich in der breiten Masse wirklich eine große Akzeptanz finden wird. Im B2B-Bereich halte ich die Chancen zumindest für deutlich größer. Was denkst du?
Ist ChatGPT für die Web-Suche heimlich von Bing zu Google gewechselt?
Die Ergebnisse von ChatGPTs Websuche stammen eigentlich aus Microsofts Suchmaschine Bing – das habe ich noch vor gut zwei Monaten bei unserer "State of the German Internet"-Keynote erzählt. Doch nun spekuliert die SEO-Szene, dass OpenAI bei der Websuche inzwischen still und leise zu Google gewechselt ist. Das will Alex Rylko, französischer SEO-Manager bei der zu Dentsu gehörenden Agentur iProspect, anhand mehrerer Stichproben nachgewiesen haben.
Rylko hat seine Untersuchung und deren Ergebnisse in einem Blog-Artikel (hier sein Linkedin-Post mit Diskussion dazu, hier eine deutschsprachige Zusammenfassung bei SEO-Südwest) dokumentiert. Auch SEO-Expertin Aleyda Solis hat den Artikel auf Linkedin geteilt. Rylkos zentrale Feststellung: Die Suchergebnisse von ChatGPT zeigen eine deutlich größere Übereinstimmung mit denen von Google als mit denen von Bing. Zudem enthalten die von ChatGPT gelieferten Quellen-URLs Parameter, die eindeutig Google Shopping zuzuordnen sind.
ChatGPT-Produktchef Nick Turley soll laut Bloomberg (€) im Rahmen des aktuellen US-Kartellverfahrens gegen Google im April erklärt haben, dass der bisherige Suchdatenpartner von OpenAI (ohne diesen namentlich zu nennen) nicht verlässlich sei, Google aber eine Anfrage von OpenAI zu einer neuen Partnerschaft abschlägig beantwortet habe. Mitte Mai kündigte Microsoft dann an, die Schnittstelle, über die andere Unternehmen auf Bings Suchergebnisse zugreifen können, zum 11. August einstellen zu wollen. Nun spekuliert die SEO-Szene darüber, ob OpenAI hier schon vor dem offiziellen Ende der Schnittstelle Fakten geschaffen hat. Sollte dies stimmen, könnten Unternehmen, die organisch bei Google gut ranken, künftig auch auf bessere Sichtbarkeit bei ChatGPT hoffen.
Stiftung Warentest droht Publishern, die Testsieger-Berichte mit Affiliate Marketing monetarisieren
Wer aktuell nach "stiftung warentest kaffeevollautomaten" googlet, stößt auf Platz zwei auf einen Artikel der Berliner Morgenpost. Der listet den Test- und den Preis-Leistungs-Sieger sowie zwei Alternativgeräte auf, die ebenfalls positiv von der Stiftung Warentest bewertet wurden. Der Artikel verlinkt die jeweiligen Produkte bei Amazon bzw. Mediamarkt – mit Affiliate Links. Das bedeutet, dass die Funke Gruppe, zu der die Berliner Morgenpost gehört, eine Provision erhält, wenn eine Nutzerin oder ein Nutzer nach dem Klick auf diesem Link im jeweiligen Shop etwas (innerhalb eines gewissen Zeitrahmens) kauft.
Genau gegen diese Praxis, die relativ weit verbreitet sein dürfte, will die Stiftung Warentest jetzt vorgehen, wie Meedia berichtet (hier eine Zusammenfassung bei Turi2). So hat die Stiftung die Rechtshinweise auf ihrer Website verschärft. Dort heißt es jetzt: "Die Stiftung Warentest betrachtet es regelmäßig als Markenverletzung, wenn die Wortmarke „Stiftung Warentest“ mit Werbelinks (sogenannten Affiliate-Links) zu den von ihr getesteten Produkten kombiniert wird, um damit Einnahmen zu generieren." Offenbar macht die Verbraucherorganisation aktuell auch einige Medien aktiv darauf aufmerksam, "dass sie unsere Testergebnisse und den guten Ruf unserer Marke unerlaubt für ihre eigenen Zwecke ausbeuten", so Vorständing Julia Boenisch.
Featurama: Neue Funktionen auf den digitalen Plattformen
Google...
...hat sein in der vergangenen Woche in Deutschland gestartetes KI-Video-Modell Veo jetzt um eine Image-to-Video-Funktion erweitert
Youtube...
...stellt die eigene Trend-Sektion ein und ersetzt diese durch Charts für verschiedene Kategorien
...will offenbar noch mehr Leute dazu bringen, Editing-App/Capcut-Konkurrenz Edits herunterzuladen, die Creator*innen erhalten dort mehr Insights zu Reels und den damit gewonnenen Followern und erreichten Accounts
Klage gegen Googles AI Overviews: Drei Branchenverbände und -initiativen haben laut Reuters in der EU und Großbritannien Kartellrechtsbeschwerde gegen Googles KI-generierte Zusammenfassungen eingelegt
Weitere Hürde fürs E-Mail-Marketing: Google führt in Gmail eine weitere Ansicht unter dem Titel "Manage subscriptions" ein, mit der Nutzer*innen leichter beispielsweise Newsletter deabonnieren können sollen
Die Schlacht ums Crawling: Amazon blockiert offenbar via Robots.txt seit Kurzem einen Shopping-Agenten von Google (hier zwei Linkedin-Posts dazu: 1 & 2)
Meta wildert bei Apple: Angeblich wird der Social-Konzern Ruoming Pang, den Leiter von Apples Foundational Model Team abwerben
Meta muss in Deutschland zahlen: Das Landgericht Leipzig hat einem Facebook-Nutzer eine Entschädigungszahlung von 5.000 Euro zugesprochen, wegen Datenschutzverstößen durch die Business-Tools von Meta. Nun könnte eventuell eine Welle weiterer Klagen drohen.
Heikel: Habt Ihr zuletzt auch Conni Memes auf Social gepostet? Vorsicht: Rechteinhaber Carlsen Verlag droht jetzt in einer Pressemeldung mit möglichen rechtlichen Schritten
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