NRW wirft Influencer*innen Steuerbetrug in Höhe von 300 Millionen Euro vor
Das Landesamtes zur Bekämpfung der Finanzkriminalität in Nordrhein-Westfalen (LBF NRW) kündigte am Dienstag eine große Ermittlung gegen Creator an, die wissentlich Steuern hinterzogen haben sollen. Zu hunderten bereits laufenden Verfahren dürften einige hinzukommen.
Worum geht es? Die Steuerbehörde von NRW hat ein eigenes "Influencer-Team", dessen Aufgabe aber nicht darin besteht, Promo für Jobs im Amt zu machen, sondern durch akribische Online-Recherchen in dem Bundesland steuerpflichtigen Creator aufzuspüren.
Am Dienstag teilte das LBF NRW mit, im Besitz eines Datenpakets von mehreren großen Plattformen zu sein. Es gehe um rund 6.000 Datensätze. Die sollen nun ausgewertet werden, um Steuerbetrüger*innen zu überführen. Die Gesamtsumme der nicht versteuerte Gewinne aus Creator-Tätigkeiten beziffert die Behörde auf etwa 300 Millionen Euro.
Hintergrund: Social-Media-Plattformen bieten Content-Ersteller*innen diverse Wege, Geld zu verdienen: Werbekooperationen, Abos, Trinkgelder, Verkäufe oder Vergütung für Klicks. Die Logik von Stories, die nach 24-Stunden wieder verschwinden, machen es vordergründig leicht, diese steuerpflichtigen Einnahmen zu verschleiern.
Eine zusätzliche Herausforderung für die Ermittler*innen besteht darin, dass mache Influencer*innen ihren offiziellen Wohnsitz beispielsweise nach Dubai verlegt haben, um der deutschen Steuer zu entgehen. In diesen Fällen muss der Nachweis erfolgen, dass diese Personen ihren tatsächlichen Lebensmittelpunkt in NRW haben und dementsprechend auch dort steuerpflichtig sind.
Die Leiterin des LBF NRW betont in einer Mitteilung, es gehe nicht um "junge Menschen, die ein paar Follower gesammelt und ein paar Cremes oder Kleider beworben haben", sondern um "große Fische", die oft zehnstellige Umsätze im Monat über ihre Influencer-Tätigkeit erwirtschaften, aber nicht ordnungsgemäß versteuern würden.
Schon vor der nun laufenden Ermittlung seien durch das Influencer-Team des LBF NRW bereits 200 Strafverfahren angeschoben worden. Der Schaden für den Fiskus belaufe sich in diesen Fällen im Schnitt auf hohe fünfstellige Beträge, heißt es von der Behörde. In Einzelfällen gehe es aber auch um Fehlbeträge in Millionenhöhe.
Das LBF NRW zählt sich zu den Pionieren bei der Verfolgung von Steuerhinterziehung durch Influencer*innen. Man habe Ermittlungsmethoden entwickelt, um Werbepartnerschaften und steuerpflichtige Einnahmen zurückverfolgen und beweissicher nachweisen zu können. Diese Methoden seinen inzwischen von anderen Länder übernommen worden.
Auch in anderen Ländern gehen Behörden gegen steuerflüchtige Influencer*innen vor. In Großbritannien etwa ermittelt die Finanzbehörde entsprechende Personen und erinnert sie mit "nudging letters" an ihre Steuerpflicht. Es geht aber auch drastischer: In Russland wurden im Jahr 2023 mehrere Influencer*innen verhaftet und zum Teil zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
OMR Take: Wie bei ähnlichen Aktionen der datenbasierten Überführung von Steuerbetrüger*innen, dürfte die öffentlichkeitswirksame Kommunikation auch darauf abzielen, reuige Content Creator zu einer Selbstanzeige zu bewegen. In einer Mitteilung wird die Behördenleiterin mit einer dazu passenden Aussage zitiert: "Die meisten unserer Verdächtigen können die Steuerschuld rasch begleichen, ausreichend Vermögen ist in der Regel vorhanden."